TRENDFORSCHUNG IM NETZ DER ZEICHEN
in: Lehmann Kai, Schetsche Michael (Hrsg.) 2005:
Die Google-Gesellschaft, Wissen im 21. Jahrhundert

Schelske, Andreas
Wippermann, Peter
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Die Suche nach schwachen SignalenTrendforschung beginnt mit der Wahrnehmung soziokultureller Strömungen:
Diese »bezeichnen Veränderungen im Denken, Fühlen und Handeln, Veränderungen der Lebensziele und Werte, sie
[artikulieren] (...) neue Bedürfnisse, Wünsche nach Veränderung oder sind Ausdruck von Anpassungsleistungen an
veränderte Rahmenbedingungen« (Appel 2003: 393). Solche sozio-kulturellen Anpassungsleistungen beginnen mit
schwachen Signalen – so genannten Weak Signals – und entwickeln sich zu kollektiven Handlungsmustern.
Für Weak Signals im sozio-kulturellen Bereich ist das Internet ein viel versprechender Multiplikator – so wäre
beispielsweise ohne das Internet nie das japanische Verkleidungsrollenspiel »www.cosplay.com« in Europa bekannt
geworden. Im Cosplay verkleiden sich junge Erwachsene nach dem Vorbild japanischer Zeichentrickfiguren (Mangas,
Anime), fotografieren sich und veröffentlichen diese Fotos auf einschlägigen Websites. Abseits des Mainstreams
leben jene jungen Erwachsenen im Cosplay unterschiedliche Optionen gesellschaftlich möglicher Rollen aus.
Vergleichbare Rollenoptionen haben die Musikerin Madonna und die Künstlerin Cindy Sherman im Musik- und
Kunstmarkt umgesetzt. Solche »Signale« sind vielfach noch zu schwach, um einen Massenmarkt zu etablieren oder in
einer repräsentativen Gesellschaftsstudie einen Trend zu begründen. Trotzdem ist in den global zugänglichen
Nischenmärkten des Internet zu erkennen, wie Individuen sich zunehmend ihre Identitäten aus Optionen multimedialer
Zeichenwelten zusammenstellen.

Die internetbasierte Kommunikation erzeugt sozio-kulturelle Strömungen, die zunächst nur innerhalb des Netzes
bedeutsam werden. Außerhalb der technischen und sozialen Vernetzung verschwinden die Kontexte derjenigen, deren
Zeichen es zu verstehen gilt. Sobald schwache Signale einen Konsumententrend andeuten, reicht es nicht aus, die
Zeichen wahrzunehmen. Konsumententrends basieren auf vielerlei Zeichenvernetzungen, aus denen zu erkennen ist,
wie Individuen als nächstes Handeln könnten. Es kommt in der Trendforschung also nicht nur darauf an, zu verstehen,
was die Zeichen kommunizieren, sondern auch, was die zukünftigen Handlungen der Individuen sein werden.





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