Die Suche nach schwachen SignalenTrendforschung
beginnt mit der Wahrnehmung soziokultureller Strömungen:
Diese »bezeichnen Veränderungen im Denken, Fühlen und
Handeln, Veränderungen der Lebensziele und Werte, sie
[artikulieren] (...) neue Bedürfnisse, Wünsche nach Veränderung
oder sind Ausdruck von Anpassungsleistungen an
veränderte Rahmenbedingungen« (Appel 2003: 393). Solche sozio-kulturellen
Anpassungsleistungen beginnen mit
schwachen Signalen – so genannten Weak Signals – und entwickeln
sich zu kollektiven Handlungsmustern.
Für Weak Signals im sozio-kulturellen Bereich ist das Internet ein
viel versprechender Multiplikator – so wäre
beispielsweise ohne das Internet nie das japanische Verkleidungsrollenspiel
»www.cosplay.com« in Europa bekannt
geworden. Im Cosplay verkleiden sich junge Erwachsene nach dem Vorbild
japanischer Zeichentrickfiguren (Mangas,
Anime), fotografieren sich und veröffentlichen diese Fotos auf einschlägigen
Websites. Abseits des Mainstreams
leben jene jungen Erwachsenen im Cosplay unterschiedliche Optionen gesellschaftlich
möglicher Rollen aus.
Vergleichbare Rollenoptionen haben die Musikerin Madonna und die Künstlerin
Cindy Sherman im Musik- und
Kunstmarkt umgesetzt. Solche »Signale« sind vielfach noch
zu schwach, um einen Massenmarkt zu etablieren oder in
einer repräsentativen Gesellschaftsstudie einen Trend zu begründen.
Trotzdem ist in den global zugänglichen
Nischenmärkten des Internet zu erkennen, wie Individuen sich zunehmend
ihre Identitäten aus Optionen multimedialer
Zeichenwelten zusammenstellen.
Die internetbasierte Kommunikation erzeugt
sozio-kulturelle Strömungen, die zunächst nur innerhalb des
Netzes
bedeutsam werden. Außerhalb der technischen und sozialen Vernetzung
verschwinden die Kontexte derjenigen, deren
Zeichen es zu verstehen gilt. Sobald schwache Signale einen Konsumententrend
andeuten, reicht es nicht aus, die
Zeichen wahrzunehmen. Konsumententrends basieren auf vielerlei Zeichenvernetzungen,
aus denen zu erkennen ist,
wie Individuen als nächstes Handeln könnten. Es kommt in der
Trendforschung also nicht nur darauf an, zu verstehen,
was die Zeichen kommunizieren, sondern auch, was die zukünftigen
Handlungen der Individuen sein werden.
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